ZEIT ONLINE

Datum 21.02.2012

Selbstverbrennungen Neuer Widerstand in Tibet

Aus Protest gegen die chinesische Herrschaft verbrennen sich tibetische Mönche und Nonnen. Die Regierung antwortet mit Verhaftungen und Kontrollen.

Die Bilder, die der britische Journalist Jonathan Watts aus Aba mitgebracht hat, sind erschreckend: In den Straßen der mehrheitlich von Tibetern bewohnten Stadt in der Provinz Sichuan stehen alle dreißig bis vierzig Meter Dutzende chinesische Militärposten. Die Bereitschaftspolizei ist mit Gewehren und Schilden bewaffnet, einige Sicherheitskräfte tragen, wie der China-Korrespondent des Guardian beschreibt, "fies aussehende Knüppel mit Nägeln, die fast mittelalterlich anmuten". Zahlreiche Löschfahrzeuge stehen in den Straßen, einige Polizisten tragen Feuerlöscher. So sieht Chinas Antwort auf die bisher insgesamt 23 Selbstverbrennungen von Tibetern aus.

Der vorerst letzte, nach Angaben von Radio Free Asia der 18 Jahre alte Mönch Nyadrol, hatte sich am Sonntag in Aba verbrannt. "Er hat es am Sonntagmittag vor dem Zamtang Jonang Kloster getan", berichtet Tsayang Gyatso von der Vereinigung der Jonang Buddhisten in Dharamsala und beruft sich auf Kontakte in der Region. "Chinesische Sicherheitskräfte haben versucht, seinen Körper mitzunehmen, doch den Mönchen des Zamtang Jonang Klosters gelang es, in den Besitz seines verkohlten Körpers zu kommen und zu beten." Nach Angaben der Menschenrechtsgruppe International Campaign for Tibet sollen sich am Sonntagabend mehr als 1.000 Menschen zu einer Mahnwache versammelt haben.

Das Gebiet um Aba (Tibetisch: Ngawa), in dem 37 buddhistische Klöster liegen, gilt als das Zentrum des tibetischen Protestes gegen China. Innerhalb eines Jahres sollen sich 15 Mönche und Nonnen selbst verbrannt haben. Die tibetische Minderheit beklagt ihre kulturelle und religiöse Unterdrückung durch China und fordert die Rückkehr des Dalai Lama.

Der Jahrestag des Tibeter-Aufstandes steht bevor

China hält Tibet seit 1951 besetzt. Die Regierung in Peking bezeichnet die Proteste als eine vom Dalai Lama orchestrierte Verschwörung mit dem Ziel, China spalten zu wollen. Chinas Außenamtssprecherin Jiang Yu hat die Selbstverbrennungen als "getarnten Terrorismus" und nicht buddhistisch gebrandmarkt.

Die Spannungen in den tibetischen Regionen dürften in den nächsten Wochen noch zunehmen. Mit dem Beginn des tibetischen Neujahrs am 22. Februar und dem Jahrestag des tibetischen Aufstandes gegen die kommunistische Herrschaft am 10. März 1959 stehen zwei sensible Daten bevor.