China: Kritik an drohender Zwangsansiedlung von 1,2
Millionen Nomaden
China will die letzten 1,2
Millionen Nomaden der Volksrepublik bis 2015 zwangsweise ansiedeln.
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Die Pläne der chinesischen
Regierung, die letzten 1,2 Millionen Nomaden in der Volksrepublik bis 2015
anzusiedeln, sind bei der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in Göttingen
auf scharfe Kritik gestoßen. „Wenn die Nomaden gezwungen werden, sich in neu
errichteten Dörfern niederzulassen, wird eine Jahrtausende alte Lebens- und
Wirtschaftsform willkürlich zerstört“, erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich
Delius am Dienstag. Viele Nomaden werden zu Almosen-Empfängern gemacht, da die
Behörden gezielt ihre wirtschaftliche Existenz vernichten, warnte die GfbV in
einer am Montag beim Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen in Genf
eingereichten Eingabe. Chinas Regierung hatte Ende Mai 2012 den „Zwölften
Fünf-Jahresplan für die Ansiedlung der Nomaden“ verabschiedet, demzufolge
246.000 Nomadenfamilien in Tibet, der Inneren Mongolei und Xinjiang bis zum
Jahr 2015 fest angesiedelt werden sollen.
Die GfbV wies in ihrer Eingabe
darauf hin, dass der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für das
Recht auf Nahrung, Professor Olivier De Schutter, nach einem Besuch in China im
Januar 2012 dazu aufgerufen hat, Nomaden nicht zwangsweise anzusiedeln. Denn so
eine Zwangsmaßnahme verletze das Völkerrecht und internationale Konventionen
wie die Konvention über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte und die
Biodiversitäts-Konvention, die auch von der Volksrepublik ratifiziert wurden.
Außerdem werde so die Nahrungsmittelversorgung der Betroffenen gefährdet. „Die
Nomaden können sich nicht mehr von ihren Tieren ernähren, in den neuen Dörfern
gibt es weder ausreichend Infrastruktur noch Arbeitsplätze und auch in anderen
Wirtschaftsbereichen finden die Angesiedelten kaum Anstellung“, berichtete
Delius. „So nimmt die Hoffnungslosigkeit unter Nomaden so sehr zu, dass sich
einige von ihnen durch Selbstverbrennung das Leben genommen haben, zuletzt eine
Mutter von drei Kindern am Mittwoch vergangener Woche.
Die chinesische Regierung
begründet die geplante Ansiedlung mit ökologischen Bedenken, da die Herden der
Nomaden angeblich die Versteppung fördern. Doch selbst chinesische
Wissenschaftler räumen inzwischen ein, dass das Vordringen von Wüsten nur
eingedämmt werden kann, wenn Weideland nur zeitweise von Viehherden genutzt
wird. Wenn die chinesischen Behörden Nomaden sesshaft machen und ihnen dann für
die jahrzehntelange Nutzung feste Flächen zuweisen, wird der Versteppung sogar
noch Vorschub geleistet. Denn dann lassen die ehemaligen Nomaden ihre Tiere
ständig auf den gleichen Flächen grasen, bis das kein Futter mehr da ist und
selbst die Wurzeln der Pflanzen zerstört sind. So entstehen durch die
Ansiedlung der Nomaden neue ökologische Probleme.