Wissenrockt 16. Juni 2012
Buddhismus – Die
bessere Alternative?
EWL | TV - Episode 11
Bild: Neogabox / Flickr / CC-BY-SA
Religion – Viele Menschen in der westlichen Welt fühlen sich heute angesprochen von östlichen Kulturen und üben sich hingebungsvoll in
asiatischen Sicht- und Verhaltensweisen. Gerade der
Buddhismus scheint für jene etwa, die sich unzufrieden
von der abendländischen Religion abwenden, für Stressgeplagte als Wellness-Oase
oder für Sinn- und Selbstsucher jeglicher Couleur die bessere Alternative zu
sein. Er gilt als viertgrößte Religion auf der Erde.
Der Begriff
Buddhismus ist im Westen durchwegs positiv besetzt, denn er scheint inneren
Frieden, Gelassenheit, Selbsterkenntnis im Allgemeinen und einem spirituellen
Weg zur Weisheit schlechthin miteinander zu verbinden. Eine Religion ohne einen
Gott, eine Lebensphilosophie, die transzendente Erfahrung in und durch sich
selbst verspricht.
Der Dalai
Lama genießt als höchster Vertreter des tibetischen Buddhismus weltweit großes
Ansehen und gilt als Inbegriff von Friedfertigkeit, Toleranz und Gleichmut.
Seine Anhänger verehren ihn als eine Art Gottheit. Nach lamaistischer Lehre
inkarniert sich in ihm das Höchste, der höchste Buddha. Ein Ideal in Fleisch
und Blut. Immer mehr Menschen im Westen, auch oder gerade im links-alternativen
Milieu, sehen ihn als den Hoffnungsträger einer neuen Zeit, als modernen
Messias.
Doch was
oder wie viel hat die westliche Auffassung des Buddhismus mit den östlichen
Kulturen tatsächlich zu tun? Was war der Grundgedanke und wie sehr sind die
unterschiedlichen Strömungen von ihm abgewichen? Wodurch unterscheidet sich der
tibetische Buddhismus von den anderen Richtungen und ist er wirklich so liberal
und tolerant, wie ihn westliche Medien darstellen?
Über das und
noch mehr diskutieren in der letzten Folge vor der Sommerpause Jorit D. Posset
und Sarah Al-Hashimi mit Georg Fischer („Yeshe Dorje“), Unternehmer und
praktizierender Vajrayana Buddhist. Für die Österreichische Buddhistische Religionsgemeinschaft hält er allgemeine Vorträge und Einführungskurse in den Buddhismus.
Der Chemiker
und Religionskritiker Karl Linek war
langjähriges Vorstandsmitglied des Freidenkerbundes Österreich. Zuletzt
organisierte er den Vortrag von Colin Goldner: „Hinter dem Lächeln des Dalai Lama“. Der bekennende Atheist und Humanist Linek
engagiert sich unter anderem in der Aktionsgruppe gottlos.at.
Dr. Helmut
Tauscher ist Professor und stellvertretender Vorstand des Instituts für
Südasien-, Tibet- und Buddhismuskunde, sowie Gastlektor an verschiedenen
ausländischen Universitäten. Das jüngste Forschungsprojekt unter seiner Leitung
beschäftigte sich mit der Analyse tibetischer Manuskripte. Unter anderem ist er Mitherausgeber der „Wiener Studien zur Tibetologie und Buddhismuskunde“.
Nein,
der “Buddhismus” als solcher, wie er heute nicht nur mehr in Asien bekannt ist,
ist ebenso eine irrationale Überzeugung wie alle anderen Religionen.
Darf man
den wenigen Historikern, die sich auf wissenschaftlich-historische Weise mit
der Person wie Persönlichkeit Gautamas (“Buddha”) wie seinen Lehren – d.h. den Überlieferungen
auf historisch-linguistische Weise – befasst haben, glauben (deren
gibt es weder viele noch haben diese eine nennenswerte Öffentlichkeit),
dann sah sich Gautama weder als Begründer einer Religion
noch seine Lehre als solche. Er war ein “echter” Mensch – das schien ihm
wichtig. Wie wenig davon heute noch im Bewusstsein der Menschheit ist, zeigen
zB die religiös verfärbten “pseudohistorischen”
Wikipedia-Artikel zur Person Gautama.
Von
esotherischen Moden und religiösen Dumpfheiten befreit legt die Lehre Gautamas – wenn die wenigen
Historiker recht haben – ein für seine Zeit
beachtliches Verständnis sozialer wie
geisteswissenschaftlicher Zusammenhänge dar, welche als
solche von den Religionen des Buddhismus wie “trendbewussten
Wissenschaftlern” verklärt ihrer wohl
eigentlichen Bedeutung wie Aussage zugeschüttet worden sind. Er lehrte den
Menschen (oder versuchte es) “mit Abstand” analytisch und mit allen Sinnen zu
erfahren – eine Art “Werkzeugkasten”
für das Leben wie die geistige Hygiene. Davon
geblieben ist wohl wenig – bereits kurz nach seinem Tod
rangelten sich angebliche, selbsernannte “Nachfolger”,
die zwar nicht seine Lehre verstanden, aber die Loyalität seiner Person zu
nutzen – oder mißbrauchen
– wussten.
Gautama
hatte nicht nur seiner Zeit, sondern auch uns heute noch, einiges zu sagen – so scheint es,
wenn man einschlägige, wissenschaftlich seriösere
Übersetzungen liest, obgleich Zeit und Raum
zwischen ihm und uns doch hohe Hürden auferlegt
haben. Was er uns zu sagen hat, hat er als Mensch, als Forscher, als
“Suchender” zu sagen – aber eben nicht als “Gottheit”
noch als “religiöser”
oder “esotherischer Führer”.
Die
Menschheit hatte selten Menschen, die durch geistige wie emotionale Klarheit derart
analytisch zu denken in der Lage waren – umso bedauerlicher
ist, was die Menschen daraus gemacht haben – in Asien ebenso
wie ab der “esotherischen Welle” im Westen um
1900-1920 bis heute…