22. Februar 2912
Tibetisches
Neujahrsfest: Opfer gedenken
PEKING/DHARAMSALA.
Mit Trauer und Gebeten haben viele Tibeter den Auftakt des tibetischen
Neujahrsfestes am Mittwoch begangen. Zum Losar genannten 15-tägigen Fest wurde
besonders der 23 Tibeter gedacht, die sich innerhalb der vergangenen zwölf
Monate aus Protest gegen die chinesische Fremdherrschaft über die Tibeter
selbst angezündet haben.
In einem
Appell forderte das exiltibetische Parlament im nordindischen Dharamsala die
internationale Gemeinschaft auf, die chinesische Regierung zur Zurückhaltung
aufzurufen. In der tibetischen Hauptstadt Lhasa herrschten strenge
Sicherheitsvorkehrungen, wie Einwohner berichteten.
In den
von Unruhen erschütterten tibetischen Regionen in Südwestchina boykottierten
viele Tibeter die von chinesischen Behörden organisierten Feierlichkeiten, wie
der amerikanische Sender Radio Free Asia (RFA) unter Berufung auf örtliche
Quellen berichtete. Erst vor zwei tagen hatte sich wieder ein 18-jähriger
tibetischer Mönch in einem Kloster in der südwestchinesischen Provinz Sichuan
nach Angaben von Aktivisten aus Protest selbst angezündet.
Nach den
jüngsten Unruhen haben die chinesischen Behörden die Überwachung der
buddhistischen Klöster in Tibet weiter verschärft. Die US-Regierung hat Peking
vorgeworfen, mit einer "kontraproduktiven Politik Spannungen zu schaffen
und die religiöse, kulturelle und sprachliche Identität des tibetischen Volkes
zu gefährden". Peking beschuldigt westliche Regierungen, eine
antichinesische Kampagne zu inszenieren und Zwischenfälle von geringer
Bedeutung zu Unruhen aufzubauschen. Rund 300 buddhistische Mönche wurden im
Vorjahr aus dem tibetischen Kloster Kirti in Sichuan verschleppt.
Der
schwer zugängliche buddhistische Klosterstaat Tibet war von 1720 bis 1912
chinesisches Protektorat und nach dem Ende des chinesischen Kaisertums faktisch
selbstständig unter der Herrschaft des Dalai Lama. 1950/51 marschierten
chinesische kommunistische Truppen in Tibet ein. 1959 schlugen sie einen
Volksaufstand blutig nieder, der 14. Dalai Lama, Tenzin Gyatso, floh mit über
100.000 Landsleuten über die Grenze nach Indien.
Die Tibetergemeinschaft in Österreich und die
Solidaritätsvereinigung "Save Tibet" feiern Losar am Samstag (ab
10.00 Uhr) im Festsaal des Akademischen Gymnasiums in Wien.