China
behindert die Arbeit von Journalisten
Dienstag, 28. August
2012
Offener Brief an Angela Merkel.
PEKING. Weltoffen,
modern und rechtsstaatlich, so möchte China im Ausland wahrgenommen werden.
Doch die Wahrheit sieht häufig düsterer aus, und auch internationale
Journalisten, von denen sich Peking eigentlich die Vermittlung eines positiven
Chinabildes erhofft, werden regelmäßig Opfer von Repressalien. Deutsche
Chinakorrespondenten haben Kanzlerin Angela Merkel nun in einem offenen Brief
aufgefordert, sich bei ihrem chinesischen Amtskollegen Wen Jiabao für mehr
Pressefreiheit einzusetzen. Merkel wird am Mittwoch zusammen mit einem großen
Teil ihres Kabinetts zu den zweiten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen
nach Peking reisen.
Einschüchterungen und Restriktionen durch die Pekinger Behörden haben in den
vergangenen Monaten einen neuen Höhepunkt erreicht, heißt es in dem Brief, der
von 26 Journalisten unterzeichnet wurde. Polizei und Staatssicherheit
behinderten die Arbeit und drohten mit dem Entzug von Aufenthaltsgenehmigungen,
wenn über sensible Themen berichtet werde. Im Mai hatte die Regierung diese
Drohung zum ersten Mal seit 14 Jahren ernst gemacht und die US-Journalistin
Melissa Chan ausgewiesen.
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Auch chinesische Interviewpartner und Mitarbeiter werden unter Druck
gesetzt. "Gesprächspartner werden weggesperrt oder unter Druck gesetzt,
nicht mit uns zu reden", schreiben die Korrespondenten. "Chinesische
Mitarbeiter werden von der Staatssicherheit aufgefordert, uns
auszuspionieren." Viele Regionen des Landes sind für ausländische
Journalisten gesperrt, darunter Tibet und andere von Tibetern bewohnte Gegenden
sowie Teile der Unruheprovinz Xinjiang, wo die muslimische Minderheit der Uiguren
lebt. In Einzelfällen kommt es zu Gewalttätigkeiten gegen ausländische
Journalisten. Nach Angaben des Foreign Correspondents Club of China wurden in
den vergangenen zwei Monaten vier Korrespondenten Opfer von Schlägereien.
Merkel hatte sich 2011 bei Wen für bessere Bedingungen
eingesetzt. Ohne Erfolg. Auf dem Index der Pressefreiheit, den die Organisation
Reporter ohne Grenzen erstellt, belegt China Rang 174.
– Bernhard Bartsch berichtet seit 2008 für die Badische Zeitung aus
China. Er gehört zu den Mitunterzeichnern des Briefs an die Kanzlerin
.