Verletzung der Menschenrechte in China

HAMBURGER ABENDBLATT 01. September 2012

 

30.08.2012

Berlin (dpa) - China erkennt die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte offiziell an, im Alltag sind aber viele Chinesen mit Willkür und Rechtlosigkeit konfrontiert.

So werden Menschen aus politischen Gründen von der Justiz verfolgt und landen zum Teil ohne Gerichtsurteil hinter Gittern (Administrativhaft). Dazu kommen Fälle von Misshandlungen und Folter.

In keinem anderen Land der Erde werden so viele Menschen hingerichtet. Die genaue Zahl wird als Staatsgeheimnis behandelt. Durch Justizreformen hat sich die Zahl nach Schätzungen ausländischer Experten auf rund 4000 im Jahr halbiert. Es gibt große Kritik an zweifelhaften Prozessen.

Es gibt nach Schätzungen von Menschenrechtsgruppen bis zu 5500 politische Gefangene - darunter auch Liu Xiaobo. Der Friedensnobelpreisträger von 2010 war im Jahr zuvor wegen Anstiftung zur «Untergrabung der staatlichen Ordnung» zu elf Jahren Haft verurteilt worden. Liu Xiaobo ist Mitverfasser der von 300 Intellektuellen unterzeichneten «Charta 08», in der demokratische Reformen gefordert werden. Der Literaturwissenschaftler hatte nach der Niederschlagung der Demokratiebewegung 1989 schon jahrelang in Gefängnissen und Arbeitslagern gesessen. Sein Schicksal ist beispielhaft für die Verfolgung vieler Andersdenkender in China.

«Die Presse-, Meinungs- oder Religionsfreiheit (in China) ist stark eingeschränkt», heißt es in einer Beurteilung des Auswärtigen Amtes. China sei das Land mit der weltweit größten Zahl von Journalisten und Bloggern, die wegen ihrer Veröffentlichungen inhaftiert sind. Auch ausländische Korrespondenten werden durch Behörden in ihrer Arbeit behindert. Vor der Reise von Angela Merkel forderten die deutschen Journalisten in China in einem Brief von der Kanzlerin, sich in Peking für eine Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen einzusetzen. Die Berichterstatter beklagen Drohungen, ihnen die Visa nicht zu verlängern, sowie Willkür und Einschüchterungen, wenn sie sich mit heiklen Themen beschäftigen.

Ethnische Minderheiten wie Uiguren oder Tibeter klagen über Unterdrückung. In Tibet beherrschen Chinesen die Verwaltung und Wirtschaft. Viele Tibeter sind arm geblieben und fühlen sich als Menschen zweiter Klasse diskriminiert. In den vergangenen Jahren gingen die Behörden massiv gegen Proteste vor, die mit den Unruhen von 2008 in Zusammenhang standen. Auch in der uigurischen Region Xinjiang wurden die Sicherheitsvorkehrungen nach Zusammenstößen von 2009 verschärft. Nach Behördenangaben wurden 2010 insgesamt 376 Fälle wegen «Gefährdung der nationalen Sicherheit» vor Gericht verhandelt.

Ein Opfer der staatlichen Repression ist Gheret Niyaz. Der Uigure wurde im Juli 2010 wegen der «Weitergabe von Staatsgeheimnissen» zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt. Seine Verurteilung hing offenbar mit kritischen Berichten über die wirtschaftliche und gesellschaftliche Lage von Uiguren in Xinjiang an ausländische Journalisten zusammen.